
Nachdem bei After Passion die Jugend jubilierte, die Fangemeinde weinte und die Presse sich in Grund und Boden schämte, hatte ich versprochen, mir das Buch zu organisieren und es zu lesen, weil tatsächlich sehr viele Stimmen laut wurden, die gesagt haben: Schade, der erste Teil wurde verkackt, das Buch ist sooooo gut.
Und tatsächlich: Ich kann’s bestätigen. Nach 70 Seiten hab ich das erste Mal aufgehört zu lesen, als ich es mir gekauft hatte … und es war mir eine helle Freude, durch die Story zu wandeln, weil Anna Todd tatsächlich das Talent hat, die Dinge zu erfassen, zu benennen und auf einen Punkt zu bringen.
Man könnte sagen: Entweder schaust du dir ein paar dutzend Liebesfilme an und beschäftigst dich eine Weile damit, was die Jugend in diesem Alter umtreibt, oder du liest das Buch und hast alles in Summe vorhanden. Sehnsüchte, Entdeckungen, Er- und Selbstfindung, die heißblütige, völlig nicht-von-dieser-Welt-hafte Vergötterung seines Schwarms, das Leben inside und outside von Konservativismus und so viele andere Themen, die einem im Leben begegnen können, wurden hier aufgegriffen und solide bearbeitet. Dass dabei der Blickwinkel der Teenager niemals verlassen wird, mag manch einen, der es im Leben inzwischen schon „weiter gebracht“ hat, möglicherweise stören, genau das liefert aber Authentizität und sorgt für eine allseits gegenwärtige Glaubhaftigkeit, die die Stärke und „Wucht“ dieser Liebe auszeichnet und unterstreicht.
Nun haben wir nicht nur das allseits bekannte Buch-Film-Problem, sondern tatsächlich eine Barriere, bei der ich sogar soweit gehen und sagen würde: Das ist einfach nicht verfilmbar.
Aufgefallen ist mir das u.a. daran, dass ich anfangs den Film sogar mehrfach im Kino angeschaut habe, um zu probieren, ob es anschließend eine andere Auswirkung auf einen hat und man den Film (wenn man Plot und Twists bereits kennt) doch anders betrachten kann und kam nicht darüber weg, dass der eben einfach „schlecht“ ist.
Eben so viel Angst hatte ich, das Buch aufzuschlagen und mein Versprechen einzuhalten, denn das ist nicht nur nicht meine Literatur, sondern interessiert mich auch persönlich nicht im Geringsten, genau deshalb hab ich es damals auch öffentlich versprochen, um es wirklich durchzuziehen.
Und das Buch hatte mich irgendwie direkt und ich hab grundsätzlich keinerlei Schwierigkeiten damit gehabt, die Story in meinem Kopf völlig neu entstehen zu lassen und seltsamerweise musste ich mich dafür auch nicht an die Bilder der Personen im Film klammern oder irgendwelche Szenen dazu reproduzieren, sondern das Ding lebte völlig losgelöst durch sich selbst und war bis zum Ende hin einfach stimmig.
Genau das zeigt, dass der Film quasi nicht als „Buchverfilmung“ taugt, sondern ein träger Abklatsch eines Versuchs davon ist, der meiner Meinung nach nicht von Erfolg gekrönt sein kann, weil man die seelischen Gefühlswelten niemals in der Form in einen Film kriegt, dass es den Ansprüchen gerecht wird, die Todd in ihren Büchern befriedigt.
Ich würde hier sogar auch einen Unterschied machen und die Bücher vom Genre leicht distanzieren, weil das, was dort aufgeschrieben wurde, tatsächlich weit weg von Kitsch und Romantik, Liebe und Sissi-Blumen-Tralala ist und eben genau jene Probleme aufgreift, die Jugendliche in dem Alter beschäftigen und die für sie wahrhaftig und existent sind.
Nachdem ich nun das erste Buch durch habe, waren meine Erwartungen beim kommenden Film After Truth natürlich unterirdisch: Nun kommt zu dem systemischen Versagen noch das „der zweite Teil“-Phänomen dazu, was es zusätzlich nach hinten kippt und eigentlich nur als Totalschrott enden kann.
Und als der Trailer das Licht der Welt erblickte und über die Leinwände huschte, dachte ich wieder: „Oh Gott… naja, man kann’s nicht verhindern“… meine Erfahrung in dem Film war aber eine völlig andere.
After Truth überrascht nun damit, dass man augenscheinlich weiß, dass die Verfilmung nicht so funktioniert, wie das Buch in alle Ecken und Winkel hinein leuchtet und ist quasi nur eine Ansammlung von „Triggern“, die die Leser der Werke angedeutet sehen lassen, welchen Part man jetzt im Kopf dazu einfügen muss.
Zum ersten Mal überhaupt würde ich empfehlen: Lest After Passion und schaut danach After Truth und verknüpft beide Welten miteinander, denn diesmal funktioniert das. Der zweite Teil hat eine immense Lust in mir wiedererweckt, den zweiten Teil ebenfalls als Buch zu ordern und an einem gemütlichen Schmöker-Abend zu verinnerlichen. Als Kenner der geschriebenen Werke merkt man nämlich, wie die Filmemacher versuchen, immer wieder in die Tiefe der Story abzutauchen und ihnen die Kunstform „Film“ dabei im Weg steht.
Nun kann man die Schuld auf den Cast schieben, auf ein schlechtes Drehbuch oder einfach auf die labilen Zustände, oder darauf, dass der Film zeitlich gesehen eigentlich viel zu kurz ist, um auf alle Einzelheiten und Details aus dem Buch eingehen zu können, also werden extrem viele tragreiche Momente und Elemente manchmal z.B. nur mit einem Blick oder einer einzigen kurzen Kamera-Sekunde abgefrühstückt. Aber man spürt deutlich, dass die Macher eben versucht haben, so viel wie möglich mit zu nehmen und zumindest den Lesern ein Triggerfeuerwerk schenken, die dann tatsächlich wieder übelst Bock kriegen, die Bücher dazu in die Hand zu nehmen und (nochmal) zu lesen.
Insofern ist der Film eine gelungene Unterhaltung, für die man an dieser Stelle tatsächlich kurioserweise einmal Hintergrundwissen braucht: Und zwar in Form des geschriebenen Wortes, denn auch der erste Teil macht euch im Vorfeld dazu nicht zwingend glücklicher.
An Vergleiche a la Fifty Shades of Grey für Pubis möchte ich mich an dieser Stelle auch nicht wagen, auch wenn gewiss einige Parallelen erkennbar sind, die man aus Jugendfilmreihen dieser Art öfters kennt (Twilight-Reihe z.B.). Diese Form des Konkurrenzkampfs hat der Film nicht nötig und es wäre auch keine Bereicherung, im Vergleich zu ermüden.
Tatsächlich entwickelt der Streifen durchaus seine Momente, taucht in das (geschriebene) Epos sachte ein und bringt es in genau der gleichen (miesen) Manier wie bei Fifty Shades auf die Leinwand, nur dass das hier irgendwie ein bisschen mehr Spaß macht.
Vorstellungen wie Ladies Night, BRAVO Preview oder ein gemeinsamer Filmabend mit der Clique (und Abstand im Saal) sind hier definitiv die absolut richtigen Varianten, um den Film zu genießen und das beste da raus zu holen.
Dieser Film struggelt an seiner Unverfilmbarkeit und macht durch das Gewitterfeuer an Triggern für die Leserschaft der Bücher unglaubliche Lust auf die geschriebenen Werke: Die ragen nämlich mit einer großartigen Welt aus dem Geschwulst der Liebesromane heraus und greifen die alltäglichen Situationen von Teenies hervorragend auf und verarbeiten sie zu einer wunderbaren Lösung. Die Filme können dies „technisch“ niemals bewältigen, liefern aber eine gute Variante, um das Buch irgendwie „zum Leben zu erwecken“. In der Clique definitiv sehenswert.
Nachspann: ⚪️?⚪️ | Nicht gleich wegrennen, es kommt im Mittelteil nochmal eine kleine Szene.
Kinostart: 03. September 2020
Original Title: After We Collided
Length: 106 Min.
Rated: FSK 12
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