März 20, 2023

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Ammonite

Ammonite - Filmplakat
© 2021 TOBIS Film GmbH

Bei Kate Winslet mag so manch einer noch an den längst vergangenen Titanic erinnert sein, aber spätestens bei Saoirse Ronan wird klar, welches Zielpublikum angesprochen wird: Bei dieser Frau auf dem Titelbild werden die intellektuellen Independent-Film-Interessierten ja schon von Natur aus feucht. Immerhin hat sie in den vergangenen Jahren mit Lady Bird, Am Strand oder Maria Stuart, Königin von Schottland eine ganz klare Richtung vorgegeben, die sie als Darstellerin ausmachen und worauf man sich bei ihrem Namen freuen darf.

Genau diese Klientel sitzt dann auch im Kino – zu manch eines Leidwesens.

Das ändert jedoch erstmal gar nichts daran, dass der Streifen mit unglaublich viel Authentizität und vor allem mit oberflächlich irritierender Simplizität punktet, die sich im Laufe des Films dann plot-parallel in tiefere Schichten zu entblättern scheint und ihren einfachen Glanz hinter sich lässt.

Genau diese Einfachheit, das bodenständige und Ruhige macht einen unglaublich positiven Eindruck. Hier zeugt Winslet davon, dass ihr mehr inne liegt, als die tränenreiche Sterbende einer legendären Schiffsversenkung zu mimen, denn ohne viel Aufhebens, was Kulisse und „musikalische Untermalung“ angeht, bleibt hier nicht viel mehr, als die eigenen Mimik-Fähigkeiten und das authentische Darstellen der echten Mary Anning, die von 1799-1847 zur ersten bekannten Paläontologin wurde, indem sie mit ihren Funden die bis dato männerdominierte Ausgrabungsforschung mit ihren Leistungen schmückte und damit zeigte, dass auch Frauen zu mehr in der Lage sind, als nur am Herd zu stehen.

Gleiches gilt für Saoirse Ronan, deren Rolle durchaus hier und da Momente des Hasses erzeugt, weil das „eingeschnappt“-blöde Zickenverhalten des Charakters zuweilen wirklich unerträglich ist, jedoch auch einen funktionierenden „Gegenpart“ zu Winslet darstellt und somit eine hervorragende Unmöglichkeit ist, die der Film im Verlaufe zu transformieren versucht.

Dabei muss man jetzt wieder ein wenig daran erinnern, dass es bedeutend viele Klischee-Filme dieser Art gibt, die immer ein gewisses leinwandiöses Unbehagen ausgelöst haben und somit nicht jedermanns Ding sind – es wundert mich also gar nicht, wenn man so manch hasserfüllte Botschaft als Reaktion zu diesem Titel im Internet zu lesen vermag: Ich denke, hier spricht man ganz andere Ebenen an, die sich weniger mit dem puren Inhalt oder der offensichtlichen Darstellung auseinandersetzen, sondern vielmehr mit den Zwischentönen spielen, die sich symbolträchtig überall wiederfinden und durchaus ihren intellektuellen Reiz haben.

Das Problem daran ist am Schluss einfach, dass es eben sehr unwirklich und unrealistisch wirkt und eben solche Reaktionen auslöst: „Wenn der Film keine Fortsetzung kriegt, dann weiß ich es auch nicht.“ – meine Meinung? Wird er nicht. Es ist geschichtlich nämlich alles auserzählt und Filme dieser Art haben noch nie eine Fortsetzung bekommen. Auch, wenn solche realitätsfernen Individuen wie meine Kinonachbarn sich dies kaum vorstellen konnten.

.kinoticket-Empfehlung: Spricht ganz konkrete Zielgruppen an, die sich weit vom Mainstream entfernt wiederfinden: Man baut unglaublich viele stilistische Mittel in eine absolut puristische Umgebung ein und entfremdet das Geschehen auf intellektueller Basis. Dadurch wird das weniger eine „Erzählung“, sondern vielmehr ein Ausdruck künstlerischer Kraft, die von zwei hervorragenden Darstellerinnen vorgetragen wird.

Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Es folgen keine weiteren Szenen, man darf den Saal also getrost wieder verlassen.

Kinostart: 04. November 2021

Original Title: Ammonite
Length: 118 Min.
Rated: FSK 12

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