
Trailer gut, PR gut, Film: Naja. Das Thema ist aktuell – und darüber lohnt es sich, auch mal zu reden. Als Mensch, der sich grundsätzlich für politische Themen interessiert, weil es eine gewisse Faszination auf mich ausübt, dass einige Wenige versuchen, viele Unwissende so zu lenken, dass es ihren eigenen Interessen dient (Was für ne Umschreibung für das Wort „Politik“), ist es natürlich auch in meinem Interesse, einen Film zu sichten, der sich mit solchen Inhalten auseinandersetzt.
Ich beobachte die politische Riege schon lange, schaue mir immer wieder sehr divers und vielschichtig die Berichterstattung darüber an und versuche, eben nicht jedes Wort für bare Münze in Stein graviert zu nehmen, sondern es mit der „Hülle“ der Verfasser zu schmücken, so dass am Ende ein Ganzes herauskommt.
Klar, eine Headline in der Bild entspricht nicht dem, was als Konsens eines mehrseitigen Textes bei der FAZ oder der ZEIT rauskommt – alle drei Dinge sollte man allerdings gelesen haben, um sich ein besseres Bild von dem, was die Gesellschaft glaubt, machen zu können. Dazu gehören dann auch „echte Meinungen“ aus dem Volk, die man in persönlichen Gesprächen aufschnappt (Stichwort: Telefonate im Zug unfreiwillig mithören) oder z.B. auf Twitter und Co. lesen kann.
Auch hier wieder: Troll- und Botleistungen mit ins Gedächtnis aufnehmen, nicht alles (oder kaum etwas) ist tatsächlich genau so, wie es im Netz geschrieben wird. Stichwort: Kontext.
Es gibt sie allerdings auch, und das sogar recht häufig: Die „Ich hab meine Zeitung/Informationsmedium und dem vertrau ich völlig“-Dudes, die sich dann ausschließlich auf die Headline der Bild konzentrieren und wahnsinnig erbost darüber sind, was „die da oben schon wieder für’n Scheiß verzapfen“. Oder diejenigen, die ausschließlich Focus, Stern oder taz lesen und sich dahingehend „extremisieren“ (schweres Wort, aber ihr versteht hoffentlich, was ich meine).
Da entstehen dann unreflektierte Bubbles, die die Leute glauben lassen, dass die Welt so ist, wie sie es sich unfreiwillig herextremisiert haben und dann werden unweigerlich falsche Rückschlüsse gezogen. Und dabei ist – man höre und staune – egal, ob es von „rechts“ oder „links“ kommt. Dieser Richtungswahnsinn ist in meinen Augen auch schon wieder eine unreflektierte Bubble, die man sich schenken kann.
Wie wär’s, wenn wir in Zukunft alle einfach als Gradmesser das Wörtchen „Menschlichkeit“ hernehmen?
Extreme sind niemals konform mit menschlichen Idealen oder einem gewissen Bezug zur Realität. Und ja, damit meine ich auch positive Extreme. Wer nur Schönheit, Wellness, Relaxation, Entspannung, Zufriedenheit, Beschütztheit, Geborgenheit, Liebe, Aufmerksamkeit etc. geschenkt bekommt, ist irgendwann so verweichlicht, dass er von der Tatsache, dass eben eine Taube auf seinem Fensterbrett gelandet und wieder geflogen ist, dann psychisch so fertig ist und nen Nervenzusammenbruch kriegt. Stichwort: Snowflakes. Schmerz ist etwas, das zum Leben dazu gehört und die Menschen prägt. Zu wenig Schmerz bildet keine guten Charaktere aus Menschen, zu viel macht sie kaputt und zerstört andere drum herum. Das Maß ist hier wieder das Mittel der Wahl … Hashtag: Ethisches Prinzip der Mitte.
Und wenn man in Zeiten wie diesen die Nachrichtenblätter aufschlägt oder sich in entsprechenden Medienarealen rum treibt, liest man immer wieder von „Rechtsruck“, „Linksextremismus“, „Ausländerfeindlichkeit“, „Demokratisierungsverschwörungen“ etc. – was wir derzeit in Russland / Ukraine erleben und sehen, ist weit weg von Menschlichkeit, was in Staaten wie den USA vor sich geht (Kapitolerstürmung) lässt sich nicht in dem Zusammenhang vergleichen, ist aber genau so absurd und zeigt in den Untersuchungen im Nachgang ja auch schon, dass bei einigen ein paar Sicherungen zu viel durchgebrannt sind.
Yoah. Christian Bale und komplexe Aufklärung… klingelt da was? Yes – The Big Short – einer der besten Filme unserer Generationen. Und nun hockt dieser Typ in einem kolossalen Game in Sachen Politik? Könnte spannend werden. Genau das war mein Anspruch beim Betreten des Saales.
Das „Ich brauch mir den nicht noch mal anzusehen“ meines Kinobuddys dagegen der erste schwere Dämpfer. Und ja, der Film wartet mit unglaublichem Personal auf, zeigt viele Koryphäen beieinander, die sich auch irgendwie alle echt Mühe geben, ein großartiges Meisterwerk mit Guy Ritchie-Flair entstehen zu lassen, aber irgendwie zündet der Stoff nicht wirklich.
Dazu muss man schon extrem viel Eigenwissen mitbringen, zwischen den Zeilen lesen, Zusammenhänge verstehen und selbst einbringen und selbst dann wirkt, was von der Leinwand aus allein kommt, irgendwie „fad“ und unzureichend. Eigentlich sollte genau diese Informationsflut ja von dort oben runter regnen und nicht aus dem eigenen Hirn sprudeln – aber irgendwie scheint das Gegenteil der Fall zu sein.
Natürlich ist es wichtig – wichtig, über solche Themen zu reden. Wichtig, solche Inhalte einer großen Anzahl von Menschen zu erzählen, damit die sich damit auseinandersetzen und im Alltag Anzeichen erkennen und dagegen wirken können… aber so wird das glaube ich nichts richtiges. Nicht umsonst landete der ja auch ziemlich schnell in den Untiefen irgendwelcher Independent-Kinos und da dann auch ziemlich schnell in Vergessenheit… Nichts, was sich – so wie The Big Short, wirklich in die Hirnhälften einbrennt und nie wieder vergessen wird.
Und wenn man in drei/vier Jahren dann auf einmal wieder Trailer anschauen muss, um sich überhaupt daran erinnern zu können, was das für ein Film gewesen ist, dann ist es ein schlechtes Stück ..
Also geht nochmal in euch, verarbeitet das ganze irgendwie anders und meistert dann auch noch die Mammutaufgabe, euch mit dem neuen Film nicht nachsagen zu lassen, dass das ja alles „nur von Amsterdam geklaut ist“. Schwierig.
.kinoticket-Empfehlung: Thema, Trailer und PR top – der Rest dann eher enttäuschend. Zwar werden viele Stars aufgefahren, die reißen den recht schwachen Plot aber auch nicht raus und zünden ein „OMG-Feuerwerk“, wie man das bei so etwas erwarten würde … Und der Weg zum Finale ist damit ziemlich steinig und anstrengend.
Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Braucht man nicht abzuwarten, hier folgt nichts weiter.
Kinostart: 03. November 2022
Original Title: Amsterdam
Length: 134 Min.
Rated: FSK 12
Auch interessant für dich
Living – Einmal wirklich leben
Beau is Afraid
Sisu