März 28, 2023

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Close

Close - Filmplakat
© 2023 Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG

Close macht grad auf so ziemlich allen Festivals Furore und heimst unfassbar viele Preise ein, ergo dürfte der Regisseur einiges richtig gemacht und in vielen Punkten den Zahn der Zeit richtig erkannt und getroffen haben. Immerhin hat es sein Film sogar auf die Oscar Shortlist 2023 als belgischer International Feature Film geschafft und das darf was heißen.

Klar hab ich mich natürlich unverzüglich ins Kino meiner Wahl gehockt und mir das Teil reingezogen – und bin gleichermaßen geflasht und enttäuscht.

Fangen wir mit den positiven Gedanken an: Die Pointe des Films handelt natürlich von etwas, das gleichermaßen hochaktuell als auch brisant ist und zum Nachdenken und darüber Sprechen anregt: Es zündet Diskussionen und sorgt für allerhand Gesprächsstoff und einen hoffentlich lang anhaltenden Diskurs, der auf diese situiven Schwierigkeiten hinweist und dafür sensibilisiert. Das Gezeigte passierte auch schon lange vor unser aller Zeit und ist bis heute Thema. Ich weiß es aus eigener Erfahrung.

Der Cast (inklusive der Neuentdeckung) liefert natürlich auch unglaubliche Leistungen und lässt fast vermuten, dass das ein Debütfilm ist (die meistens gar nicht schlecht sind, weil die Regisseure noch unverbraucht und „ungenormt“ sind und damit etwas kreativer Denken und freier in ihrer Ausgestaltung handeln, was später dann irgendwo vom erfolgsverwöhnten Blockbuster-Mainstream abgelöst wird, um mehr Geld zu machen, weil man dadurch „mehr Publikum erreicht“.

Diese junge, zarte, unberührte Regisseursblume hat sich Dhont auch bei seinem zweiten Spielfilm erhalten und liefert hier gefühlvolle, zarte, eindringliche und unglaublich intensive Bilder und Gefühlsachterbahnen.

Dabei steigert sich die Intensität immer weiter hoch und eskaliert in einem Twist, der zeitgleich shocking aber eben auch dramatisch schlecht ist – und genau das führte auch schon sein Erstlingswerk ad absurdum, weil es weder Betroffenen hilft, noch die unglaublich stark aufgebaute Glaubwürdigkeit weiter stützt. Damit fällt das Konstrukt in sich zusammen und führt nicht zu Lösungsansätzen, sondern eher zu überbordender Extremität, die der Sache nicht mehr dienlich ist, sondern nur noch das Versagen des Menschen aufzeigen kann.

Natürlich liefert diese Art von Drehbuch bessere Ansätze für dramatische Szenen, die wiederum auch alle wunderbar gedreht und umgesetzt sind, allerdings fühlt man sich von der Geschichte im Stich gelassen und damit als Zuschauer gewissermaßen abgehängt.

Man könnte nun hingehen und auf die alternativlose Leere verweisen, die im Filmregal herrscht, wenn man Vergleiche dazu heranziehen möchte, ob das nun allerdings direkt oscarwürdig ist, mag ich allerdings auch zu bezweifeln. In logischer Konsequenz hieße das dann, dass ich einfach nur einen Film über ein „wokes Thema“ machen brauch, der einigermaßen gut gespielt wird und damit direkt mit Preisen überhäuft werden müsste, weil. Und genau diese Begründung lass ich nicht zu und bin daher etwas vom Hype überrascht: Ja, der Film ist eindrucksvoll, er zieht einen mächtig am emotionalen Hals in den Abgrund und zerrt an den Nerven, er ist fantastisch gespielt und beherrscht sein Thema irgendwie, aber für Oscar-Niveau fehlt mir einfach noch ein bisschen was, das die gesamte Sache bis zum Schluss rund sein lässt und nicht in dem Maß „falsch abbiegen“, wie er es am Ende tut.

Durch seine Erwähnung und die damit verbundene Publicity wird er in Folge aber sowieso von vielen nachgeschaut werden und damit dürfte feststehen, dass sich viele ihr eigenes Urteil bilden können … über so etwas zu reden kann auf jeden Fall kaum schaden.

.kinoticket-Empfehlung: Großartige Introduction, dann aber irgendwie eine merkwürdige Plotführung, die den Film nicht mehr mit der hochgradig professionellen, thematischen Einführung im Einklang lässt, sondern wieder zu extremen Mitteln greift und damit den Zuschauer bei laufender Fahrt abhängt.

Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Es gibt einige hilfreiche Links das Thema betreffend, weitere Szenen oder Bilder bleiben jedoch aus.

Kinostart: 26. Januar 2023

Original Title: Close
Length: 109 Min.
Rated: FSK 12

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