März 28, 2023

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Die Aussprache

Die Aussprache - Filmplakat
© 2023 Universal Pictures International

Unverständnis. Das würde ich dem Titel noch hinzufügen, denn genau das hab ich angesichts der Tatsache, dass dieser Film ob seiner Trost- und Ausdruckslosigkeit einen Sprung geschafft hat – und zwar zu den Oscars – dabei aber nicht in einer unbedeutenden Kategorie nominiert wurde, sondern sage und schreibe nur einmal auftaucht – und zwar bei „Best Picture“.

Entweder zeigt das auf, dass man auch bei der Vergabe der Nominierungen gewaltig klüngelt (immerhin hat die Produzentin auch Moonlight und Nomadland gemacht und ist damit auf dem Oscar-Visier bereits im Sichtfeld), oder aber die Bewertungskriterien der Academy sind gewaltig wirr und unverständlich, was wiederum andeuten würde, dass nicht nach „Hier wurde gut gearbeitet“ bewertet, sondern vielmehr politische oder woke Themen forciert und mit der Auszeichnung der größtmöglichen Aufmerksamkeit bedacht werden.

Beides ist vermutlich verwerflich, also wende ich mich wieder weg vom kommenden Hollywood-Geschehen hin zu meinem ganz persönlichen Eindruck.

Der Film basiert auf wahren Begebenheiten, was in meinen Augen absolut unklar und viel zu wenig hervorgehoben wurde… einzig eine Jahreszahl deutet darauf hin, dass dies vermutlich wirklich stattgefunden haben könnte – reicht mir aber nicht, denn auch in Horrorfilmen wie The Blair Witch Project und Texas Chainsaw Massacre wird gesagt: „…basiert auf wahren Ereignissen“, die nachweislich nie stattgefunden haben. Und es ist ehrenlos, eine derartige Greuel filmisch so abzuwerten, dass dem nicht mal die „Hey, was ihr hier seht, ist wirklich passiert“-Marke verpasst wird, sondern man es ausschließlich mit einer interpretationsspielraumgroßen Jahreszahl abspeist.

Dass in inhaltsstarken Filmen nicht zwingend massiv in Optik investiert wird, ist inzwischen auch schon eine alte Leier, allerdings wandelt man hier auf einem Grat, der die größtmögliche Unlust hervorruft: Der Film ist dermaßen blass, traurig, dröge und langweilig, dass man sich als Zuschauer ausschließlich auf Dialoge konzentrieren kann (die aber leider eben auch alles andere als stark sind und kaum „Begeisterung“ hervorrufen) und optisch null Bock auf das hat, was man sieht. Kino ist Licht – und Licht ist in dem Film quasi keins vorhanden. Selbst die fast schon klischeehaft wirkenden Kamerafahrten über die grünen Weiden wirken wie trostloses Altbackensein der 30er Jahre, auf das man heutzutage keinen Bock mehr hat.

Im Presseheft geben die Macher sogar zu, dass sie gerne in schwarzweiß gedreht hätten, aber den Eindruck hatten, der Film würde dann zu „traurig“ und man sich daher für diese blasse „kaum Farbe“-Einstellung entschieden hat. Ich finde diese Entscheidung höchst unglücklich und bin eher darüber enttäuscht, weil die Wirkung des Films so ungemein verpufft und man quasi nur noch enttäuscht ist.

Thema Wokeness: Der Mann wird hier als das absolut Diabolische dargestellt und ihm auch absolut keinerlei Raum gelassen, sein Verhalten zu erklären oder für seine Taten grade zu stehen: Es ist eine matriarchaische Diktatur mit Geschehnissen, die nicht gezeigt, sondern nur behauptet werden, was dazu führt, dass man im Film als Zuschauer keine objektive Meinung dazu bilden kann und dadurch keinerlei Lerneffekt erzielt – alles, was dieser Streifen befördert, ist die ausufernde Wut aktivistischen Übereifers, der darauf abzielt, alles Männliche zu vernichten, zu bestrafen und sich selbst dabei als Opfer zu inszenieren. Genau diese Energie ist es, die die eigentlich rühmlichen Absichten der „Frauenbewegung“ zunichte macht und genügend Angriffsfläche bietet, um diese ganzen widersinnigen Diskussionen zu befeuern, die allernorts geführt werden und eben nicht zu konstruktiven Lösungen beitragen.

Der Versuch, etwas Unmenschliches durch würdige Argumente zur Rechenschaft zu ziehen, ist fernab, hier wird vielmehr dazu aufgerufen, wild durch die Gegend zu feuern und Behauptungen aufzustellen, die eher in Richtung Amber Heard-Entgleisungen führen und nichts mehr mit wahren „me too“-Behauptungen zu tun haben.

Inwieweit das dann sinnvoll ist, so etwas auf großer Leinwand geschehen zu lassen, sei dahingestellt. Manch einer mag daher kommen und sagen: „Jaaaaa, es ist ja gut, dass über sowas geredet wird, immerhin kommt es so ins Bewusstsein der Menschen“ – yoah, äh … dann kommt doch aber auch bitte mit etwas, das man noch nicht weiß und einen dermaßen „schockt“, dass es auch einen Aha-Effekt hervorruft und nicht mit dieser seichtwarmen Brühe, die jeder kennt und die in sich selbst absolut keine Aussage mehr trägt, sondern eher als lustloses Jammern abgetan werden kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Mainstream-Gemeinde den Best-Picture-Oscar für diesen Film tatsächlich als „verschenkt“ betrachten könnte und es allgemeines Unverständnis hervorruft, sollte dieser Film wirklich gewinnen.

Nun verrate ich euch etwas – und zwar, weil es aufzeigt, dass es mich aufregt … und warum… => 2010.

2010 – das ist die Zahl, die man sieht. Warum ich das sage? Man hat den ganzen Film über das Gefühl, es handelt sich um 1309. Selbe Ansichten, selbe Optik, selbes Verhalten und damit irgendwie so fernab jedweder Realität, dass man es selbst kaum glauben mag. Hier wird gefeiert und von „Revolution“ gesprochen, von „triumphalen Abschlüssen“ und beherzt mit Jubel um sich geworfen … ich kann’s absolut nicht nachvollziehen und war einfach nur gelangweilt und enttäuscht: Traurig, trostlos, bieder, verklemmt, unentspannt, dumm, unterentwickelt, ohne Stärke, Willenskraft oder etwas Rühmlichem, dem man nachahmen könnte – und man fiebert auch nicht mit, sondern denkt sich die ganze Zeit: Öh – dann geht doch einfach.

Wenn ihr den Film gut fandet, klärt mich bitte auf – ich versteh’s nicht – und bleibe daher bei meinem eingangs erwähnten „Unverständnis“.

P.S: Frances McDormand ist großartig – aber bei ihr reicht auch einfache Anwesenheit, die sofort Momentum erzeugt und darstellerische Stärke präsentiert – ist für mich dennoch kein Grund, deshalb jetzt mit nem Oscar dafür zu winken.

.kinoticket-Empfehlung: Die „eigentlich hoch aktuelle, brisante Thematik“, die dieser Film verkörpern will, wurde durch filmische Fehlentscheidungen und ausdruckslose Techniken zurück ins 12. Jahrhundert geworfen und damit jedweder Aufmerksamkeit beraubt, die man dem Geschehen eigentlich zuwenden sollte: Der Zuschauer ist gelangweilt, angeödet vom drögen, trostlosen Dahinsiechen von farblosen, blassen Bildern und wenig funktionierenden Dialogen – kein Plan, warum gerade so etwas für „Best Picture“ nominiert wurde.

Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Beinhaltet keine weiteren Szenen, rausgehen erlaubt.

Kinostart: 09. Februar 2023

Original Title: Women Talking
Length: 105 Min.
Rated: FSK 12

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