
So, dann oute ich mich mal. Also: Mama, Papa, ich bin schwul … äh … Nein, das andere outen 😀
Ja, viele wissen, dass ich im Jahr 600-700 Kinovorstellungen locker wegstecke und die meisten verbinden das dann mit „Ja, der kennt eh alles.“ Stimmt (fast), hat aber einen entscheidenden Haken: Ich hab nicht mit 2 Jahren angefangen, 700 Kinofilme im Jahr zu schauen.
Vorher war ich also ganz normal (was Kinofilme betrifft) bzw. auch wieder eher unnormal, denn ich bin TV-los und Entertainment-frei aufgewachsen und kenne somit den ganzen Bullshit nicht, den man Kindern heutzutage einpflanzt.
Und ja, ich kannte auch lange Zeit viele Dinge nicht, die man den Menschen nach als Kinokritiker zu kennen hat. Star Wars – ewig nicht gesehen. Harry Potter? Bis heute immer noch nicht alle Teile geschaut (aber Gottseidank laufen die ja immer wieder im Kino). Der Hobbit? Einige sagen mir, ich hätte nichts verpasst, aber auch da hab ich meine Premiere noch vor mir. Game of Thrones? Nicht eine einzige Minute davon gesehen. Man kommt eben zu nichts, wenn man mit 700 Vorstellungen, reisen, fotografieren und ein bisschen Privatleben und Arbeit beschäftigt ist und sowas wie Schlaf will zwischendurch auch mal sein, also entfallen die studentischen Netflix-Serien-Abende dann einfach.
Und im Zuge dessen (und meiner entertainmentfreien Kindheit) fehlen mir auch viele Dinge, die für die meisten ganz normal sind. Kinderserien, berühmte „das hat doch jeder gesehen“-Sachen … und eben – um mal zum Thema zu kommen – auch die berühmten Hörspiele und Bücher der Känguru Chroniken. Yes, ich habe nicht eine Zeile davon je zu Gesicht bekommen und auch keines der hochgelobten und durchaus erfolgreichen Hörbücher jemals gehört.
Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich über diesen Film erst so spät schreibe: Ich habe recherchiert. Und zwar bei euch.
Im Kino ging’s mir ziemlich elend. Ich wollte nach 10 Minuten einfach aus dem Saal und dachte mir: Komm, lasst’s einfach, brechen wir das Experiment ab. Und das, obwohl ich mich erstaunlicherweise extrem gerne mit politischen Themen auseinandersetze und so manche fragwürdige Provokation durchaus liebe: Die hat in meinen Augen hier überhaupt nicht gezündet.
Ich kann jetzt nichts darüber aussagen, inwieweit man das Matching zwischen Buch und Film herstellen kann (die Bücher sind scheinbar Kurzgeschichten, sowas funktioniert meistens ganz gut) und der Film hat einen Überhang-Plot, indem man all die Dinge nun irgendwie zusammenklamüsert und hofft, dass am Ende etwas halbwegs gares dabei rum kommt.
Ist mittelmäßig gelungen, jedoch ist der Humor im Film absolut nicht meins, sondern einfach nur doof. Es ist unspannend, unwitzig, irgendwie ohne Biss und ich habe mir von vielen sagen lassen, dass sie die schlagfertigen Abtausche zwischen Protagonist und Viech ebenfalls vermissen.
Ganz ehrlich? Ich hab ne öffentliche Umfrage gestartet, und mir hat darin nicht ein einziger gesagt, dass er den Film gut fand. Was bedeutet das?
Aus genau diesem Grund hab ich die Umfrage gestartet: Ich konnte kaum glauben, dass der Erfolg dieser Werke (von dem ich tatsächlich selbst auch gehört hatte, also muss da was dran sein) im Kino so dermaßen abkackt, dass es wirklich niemand gut findet. Man brüstet sich presseseitig natürlich damit, unfassbar viele Besucher ins Kino gelockt zu haben (und jetzt natürlich noch mit einer tollen 3D-Einstellung… woooooow), aber ich stelle mal die wage Behauptung auf: Die Leute kamen, weil sie vom Erfolg der Bücher angelockt wurden und sehen wollten, was im Kino draus wird. Wäre ein zweiter Teil genauso erfolgreich wie dieser?
Selten hab ich mich so gelangweilt, war genervt über die übertrieben ins Klischee gepresste Art und hab darüber nachgegrübelt, was an dem Film nun irgendwie liebenswert sein könnte.
Ich hab auch mit anderen Brainstorming gemacht, um rauszufinden, was man daran evtl. positiv sehen könnte und uns sind folgende Dinge eingefallen:
- Die Sprache ist authentisch. Man hört Dialekt (teilweise), man hat kein Theater-Sprech, man würde das Gesagte so dem Sprechenden auch abkaufen.
- Einige Jokes waren nicht ganz schlecht, aber auch nur, wenn man sie aus dem Kontext rauszieht, was ich ja per se immer eher zu verhindern versuche.
- Wenn man länger drüber nachdenkt und tiefer graben würde, könnte man durchaus etwas Tiefe und Geistreiches entdecken. Wäre das erst ein Film, würde ich sagen: Verkackt, macht’s nochmal oder einfach anders. Dafür gibt’s ja dann wohl die Bücher.
Yo, und sonst so? Andere haben sich auch aus dem Kino gewünscht, fanden es spaßbefreit und waren einfach nur gelangweilt… Also ging’s nicht nur mir so. Und da Kommerz ja meist bedeutet: „Es waren viele drin, also machen wir’s nochmal, weil uns nicht interessiert, warum sie drin waren“, heißt das wohl auch: Es wird einen Folgeteil geben. Dann vielleicht ja mit zwei 3D-Einstellungen… Mir ist’s egal.
Verzichtbar. Nicht witzig. Ohne Biss. Und irgendwie auch ohne Seele. Einfach nur da – und deshalb kann man sich das getrost schenken. Lest lieber die Bücher bzw. hört die Audiobücher und habt dabei dann wenigstens Spaß. Der Kinofilm ist Grütze.
Nachspann: ?⚪️? | Wenigstens das lohnt sich: Sitzen bleiben. Uuuuund: Sitzen bleiben. Bis ganz zum Schluss.
Kinostart: 5. März 2020
Original Title: Die Känguru-Chroniken
Length: 93 Min.
Rated: FSK 0
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