
7 Mio. verkaufte Bücher in Deutschland, die größte Kinder- und Jugendbuchmarke im deutschsprachigen Raum, mittlerweile 12 Bände in inzwischen 25 Ländern … klingt nach Erfolg.
Klar, „Schule“ und „Magie“ – da klingelt doch irgendwas, richtig? Richtig: Harry Potter.
Und noch ein paar Tierchen dazu? Da klingelt doch noch viel mehr: Fantastische Tierwesen. Bingo. Und die mit Kohle vollgepumpte Wizarding World funktioniert auch 20 Jahre nach Erstveröffentlichung bestens auf den Leinwänden: Jedes Mal, wenn sich Kinobetreiber dazu entscheiden, die Teile wieder zu zeigen, hat man Schwierigkeiten, noch Karten zu bekommen, denn die werden einem regelmäßig aus den Händen gerissen.
Liest man sich nun eine Inhaltsbeschreibung von Die Schule der Magischen Tiere durch, könnte man nach ein paar Bierchen meinen, hier wäre jemand am Fanfiction schreiben: Man findet wirklich ALLE Puzzlestücke der Harry Potter-Reihe in adaptierter Form wieder. Das ausgestoßene Kind, die „neue Umgebung“, der Neue und Unbeliebte in der Schule sein, merkwürdige Lehrer, magische Tiere, Zauberei, „Wesen, die nicht jeder sehen kann“ … es ist so bitter schlecht, dass sich einem der Magen umdreht.
Bevor ich mit dem Film in Berührung kam, war meine Vermutung: Harry Potter in schlecht und auf deutsch. Ihr erinnert euch an „Deutsche Qualität und Wertarbeit => Die Filmindustrie hält seit Jahrzehnten dagegen“?
Bingo. Again. Es ist so furchtbar „lieblos“ und abgekupfert, dass es einfach weh tut. Die Kinder haben dazu die typische deutsche Dümmlichkeit, die man aus Filmen dieser Couleur häufiger kennt und auch im technischen Sektor hat man sich (höchstwahrscheinlich aus Geldmangel) wenig Mühe gegeben: Die Tiere wirken, als gehören sie nicht wirklich dazu. Die Animation löst sich aus dem Rest des Films so stark heraus und gibt einem beständig das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Man möchte sein wie Fantastische Tierwesen, ist aber so weit davon weg und kriegt es scheinbar nicht mit.
Das Problem gab es bei Dual-Filmen ja schon häufiger, wenn man versucht hat, reale Schauspieler und Animation zu vermischen: Ging quasi mehr oder weniger immer in die Hose. Die Schule der Magischen Tiere geht aber nicht nur in die Hose, sondern liefert dazu auch noch richtig miese Animation.
Die Dialoge sind zum Teil spritzig (zumindest von den Viechern) und lassen hier und da Hoffnung aufkeimen, man könnte doch noch den Absprung schaffen, und auch die stimmliche Besetzung war nicht die verkehrteste (Max von der Groeben als Fuchs und die grandiose Stimme von Katharina Thalbach als Schildkröte), da hört es dann aber auch schon wieder auf. Man findet sich in einem Sack voller geklauter Ideen (#Fightclub, #WizardingWorld, #BibiundTina) … und weil man sich bei so großen Vorbildern bedient, wird das beim Zielpublikum höchstwahrscheinlich leider Gottes auch funktionieren.
Die Songs, die man immer wieder einspielt (und damit eben auf den nächsten großen deutschen Erfolgszug aufspringt – Bibi und Tina) sind zwar nicht gut, ballern sich aber direkt als Ohrwurm ins Hirn und lassen die Füße mitwippen. Auch das kennen wir aus besagten Filmen schon zu Hauf und wissen, wie extrem gut das gefruchtet hat.
Es wirkt also, als würde man sich an glorreichen, internationalen und nationalen Erfolgen bedienen und es einfach selbst auch mal machen, frei nach dem Motto: „Kuck Mami, ich bin Harry Potter! +hex hex+“
Und genau den missbilligenden Blick der Mutter, den man sich jetzt vorstellen kann, hatte ich als Kinoliebhaber, als ich mir das Machwerk auf der Leinwand angesehen habe, frei nach dem Motto: „Ja, mach du mal. Ist eh nix ernstes.“
Schauen wir nochmal zurück auf den Anfang meines Textes: 12 Bücher! 12!
Ich hoffe, man hat nicht vor, die jetzt alle zu verfilmen. Sonst gründe ich noch einen Harry Potter-Fanclub, der sich regelmäßig die Schule der Magischen Tiere-Filme reinzieht, um anschließend darüber lästern zu können…
.kinoticket-Empfehlung: Deutsches Plagiat von Harry Potter, Fantastische Tierwesen und Bibi und Tina, aber ohne die großartigen Animationen, wundersame Magie und die Dimensionen durchschlagende Spannung, die in den genannten Werken mit Professionalität umgesetzt wurde, sondern halt eher auf ÖR-Niveau für das deutsche Klischee-Publikum. Schade, daraus hätte viel mehr werden können.
Nachspann: 🔘⚪️⚪️ | Anfangs noch animiert, danach kann man den Saal getrost verlassen, hier folgt nichts weiter.
Kinostart: 14. Oktober 2021
Original Title: Die Schule der magischen Tiere
Length: 93 Min.
Rated: FSK 0
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