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Es fühlt sich inzwischen unwirklich an, oder? In einem großen Saal mit hunderten Menschen dicht an dicht gedrängt vor einer flimmernden Leinwand zu sitzen, auf der einem Material ausgebreitet wird, das entweder dabei hilft, die Realität auszublenden, oder sie besser zu verstehen.
In Zeiten von Corona undenkbar – und nicht erst seit gestern sind die Kinos geschlossen und das Leben rund um Kultur und Geisteserweiterung dem Tod gleichgesetzt.
Gut so, denn da draußen wütet etwas Medizinisches, das ebenfalls die alltäglichen Routinen dem Tod gleichsetzt: Ein Virus, das von einigen inzwischen zur Religion erhoben wurde und dessen Schaden sich nicht allein auf das Physische begrenzt, sondern weit in andere Felder streut: Soziale Gepflogenheiten, der Umgang miteinander, Existenzen.
Im Laufe des letzten Jahres wurde so vieles von uns Menschen kaputtgetrümmert, dass das Virus selbst kaum noch Arbeit damit hatte, Tod und Leid in der Gesellschaft zu verbreiten. Wir selbst haben alle notwendigen und möglichen Anstrengungen aus freien Stücken unternommen, um unserer Rasse bestmöglich zu schaden.
Und es hat funktioniert. Die Toten kamen. Und wurden mehr.
Und all das hat uns nicht davon abgeschreckt, weiter mit Fehlern um uns zu schmeißen, um einen nach dem anderen in das russische Roulette-Spiel mit dem eigenen Leben zu zwingen.
Dabei hat der erste Lockdown und die Zeit danach Anfang des Jahres 2020 längst bewiesen, dass die Gefahr aus den Kinos so gut wie bei Null lag, da hier (gleich der Gastronomie und anderen kulturellen Einrichtungen) wesentliche Schritte unternommen wurden, um Hygienemaßnahmen zu gestalten und umzusetzen, die eine Ansteckung auf ein kleinstes Minimum runter reduzierten.
All das war erwiesen, hat sich den Sommer über auch bewährt und wurde von der Politik trotzdem mit einem saftigen Arschtritt abgedankt.
Und getreu der Fehlerkultur menschlichen Wirkens hat man danach einen Flickenteppich über das Land gelegt und so eine auswertbare (und vor allem kommerziell lohnenswerte) Veröffentlichungsstruktur filmischen Materials nahezu unmöglich gemacht.
Die Folgen? Große Blockbuster bekommen Lampenfieber und verschieben ihre Veröffentlichungen nahezu Mantra-artig immer weiter nach hinten, es gibt keine bundeseinheitliche Garantie für möglichst gute Besucherzahlen und somit immer weniger Anreiz dazu, seine Werke einer großen Zahl an Besuchern in den Kinos zur Schau zu stellen. Die Macht der Filmhäuser wurde politisch gebrochen.
Auch vor der Zeit der pandemischen Lage hatten es viele Kinos schon schwer genug und konnten nur durch kluge Einkäufe und Mischkalkulationen am Leben bleiben. Es war einer meiner schönsten Aufgaben, Menschen dazu zu bewegen, sich in eines der Lichtspielhäuser zu setzen, um die Filme zu sehen – und man konnte allzeit damit punkten, dass die Filme zu diesem Zeitpunkt nur dort zu sehen waren, was einen mehr oder weniger dazu verpflichtete, zum Erhalt der Kinos beizusteuern, wenn man aktuell mitreden können wollte.
Diese Vormachtstellung der Kinos wurde durch Corona untergraben und hätte durch einige kluge Entscheidungen durchaus andere Richtungen gehen können als das inzwischen der Fall ist. Viele Studios haben sich (sicher auch aus finanziellen Gründen) dazu entschieden, ihre Veröffentlichungen selbst in die Hand zu nehmen und auch in Zukunft zumindest zweigleisig zu fahren: Einerseits die traditionelle Auswertung über das einzigartige Erlebnis im Kinosaal, andererseits die zeitgleiche Veröffentlichung in diversen VoD-Kanälen.
Angesichts des immer noch existenten Ansteckungsrisikos, der geringen Impf-Auswertung in der Bevölkerung und der andauernden Informationsarmut innerhalb der Bevölkerung dürfte es keine Frage sein, wofür sich der Filminteressent entscheiden wird.
Inzwischen ist es sogar fragwürdig geworden, inwieweit es für eine mögliche Zukunft noch Sinn hat, für das Unterfangen „Kino“ zu werben, wenn man damit dann Gefahr läuft, von einigen Verirrten verklagt werden zu können, weil die sich „aufgrund der Empfehlung von …“ dazu entschieden haben, hier und da an Veranstaltungen teilzunehmen und danach der Meinung sind, sich dort bei jemandem angesteckt zu haben. Ja, es ist fragwürdig, anderen zu sagen: Geht in einen dunklen, großen Saal mit anderen .. und fangt an, die Kultur wieder zu feiern.
Die Welt hat sich verändert. Und mit ihr die Gepflogenheiten.
Wir haben bereits schwerwiegende (tödliche) Fehler gemacht. Das letzte Jahr hat am Beispiel Mulan gezeigt, wie sehr man damit dieser Branche Schaden zufügen kann und worauf das alles hinauslaufen wird.
Ich persönlich glaube, dass noch viele herzensgute Projekte auf diese Weise zu Grabe getragen werden, weil das entsprechende Publikum und Umfeld fehlen wird, um die Arbeit dahinter gebührend zu feiern und dieser Branche nach einer langen, schmerzvollen Krankheit wieder Leben einzuhauchen.
Ein Grund für dieses massive Kolossalversagen am oben genannten Beispiel waren die unterschiedlichen Öffnungszeiten der Kinos in den verschiedenen Bundesländern. Hätte man hier (wie im übrigen bei allen anderen Lockdown-Entscheidungen auch) eine bundeseinheitliche Schiene gefahren, wäre viel wirtschaftlicher Schaden abwend- oder zumindest berechenbarer geworden und hätte so einige Fehlentscheidungen verhindert.
Genau das fordert nun auch der Präsident der Filmförderungsanstalt Bernd Neumann in der aktuellen Pressemeldung der FFA: Dass die Politik „Vernunft und guten Willen“ an den Tag legt und sich „alle Bundesländer auf einen bundesweit einheitlichen Wiedereröffnungstermin für die Kinos verständigen“.
Bleibt zu hoffen, dass diese Worte nicht – wie so viele vernünftige Appelle vorher auch schon – wieder im Winde verhallen, sondern man sich an den Fehlern der Geschichte orientiert und für die Zukunft bessere Entscheidungen trifft.
Aber wie wir alle wissen: Das Happy End gibt’s immer nur im Kino. Niemals in der Wirklichkeit. Dafür sind wir Menschen doch eigentlich alle viel zu dumm, oder?
P.S: Die vollständige Pressemeldung könnt ihr gerne hier nachlesen.
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