
Judi Dench ist eine Größe auf der Leinwand, egal, mit was man sie beauftragt – ihre Persönlichkeit und ihr Charme reißen das Ruder in jedem Fall auf Seiten der Sympathie und des Mitgefühls mit ihrem Charakter. Wenn man nun bedenkt, dass diese Frau fast blind ist und darum Schauspielern für sie quasi mittlerweile absoluter Nonsens, ist es erstaunlich, wie man sie in Geheimnis eines Lebens inszeniert. Klar wurde ihre Rolle entsprechend so angepasst, dass sie keine Verfolgungsjagden auf in 6 Meter hoch installierten Reckbarren mehr durchführen muss, sondern quasi mehr oder weniger „nichts schief“ laufen kann, wenn man allerdings nichts davon weiß, dass diese Frau tatsächlich kaum etwas sieht – Wahnsinn, mit welcher Performance sie da einfach mal um die Ecke schneit.
Der Plot des Films haut einen jetzt nicht sonderlich vom Hocker, sondern wäre in anderen Streifen wohl eher nur eine beiläufige Selbstverständlichkeit. Daraus ergibt sich jetzt keine zwingende Pflicht, seinen Filmschatz tatsächlich um diese Geschichte zu erweitern, was wiederum nicht bedeutet, dass diese Wahl die schlechteste wäre.
Wer gerne in diesen Metiers verweilt und sich mit derlei Geschichten gerne umgibt, findet hier einen toll gespielten Streifen, der diese Gelüste zu 100% befriedigt, jedoch im allgemeinen Verständnis der heutigen Abgeklärtheit keine neuerlichen Fakten mehr auf den Tisch zu werfen vermag, zumal hier eh schon viel zu viel Undurchsichtigkeit und Mythos-Glaube am Start ist, als dass man den geneigten Cineasten dadurch mit irgendetwas verblüffen könnte.
Das Erzählenswerte liegt hier viel mehr in den Hintergründen, die weder vom Film direkt angesprochen werden, noch jemand auf Anhieb als wichtig erachten könnte, nämlich: Diese Geschichte ist wahr und sie hat sie ein Leben lang tatsächlich mit sich rumgetragen.
Der fade Beigeschmack, warum gerade jetzt so etwas „offenbart“ werden muss, bleibt am Ende aber dennoch mit fliegenden Fragezeichen im Raum.
Grandiose Performance, mittelmäßige Story, fragwürdige Absicht: Als Zuschauer fühlt man sich ob der vielen Mythen rund um diese Themen etwas alleingelassen, wenn es um den Grund für diesen Film geht – der besinnt sich ganz seines Genres und liefert tolle Bilder und eine solide Geschichte, die aber nicht mit nennenswerten neuen Fakten aufzuwarten weiß, sondern eher subtil vermittelt, dass an den leichtgläubigen Mysterien doch manchmal mehr dran ist, als man vorher glaubte.
Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Muss man nicht abwarten, hier folgt nichts weiter.
Kinostart: 04. Juli 2019
Original Title: Red Joan
Length: 102 Min.
Rated: FSK 6
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