
Kennt ihr diesen Film, wo man irgendwo auf der Erde anfängt, raus zoomt und dabei eine unglaublich laute Geräuschkulisse hört, man immer weiter raus zoomt, langsam den Erdball sieht und die Geräuschkulisse sich als „Radiogeräusche“ entpuppen, die immer älter werden und zurück in der Zeit gehen … bis man schließlich die Erde nicht mehr sieht und im Weltall landet und die Geräusche immer weniger werden, immer mehr mono statt stereo und man wichtige Reden aus längst vergangenen Tagen zu Ohr bekommt, bis schließlich irgendwann rein gar nichts mehr erkennbar ist von der Erde, sondern nur noch das weite Weltall und nichts mehr identifizierbar ist, während die Kamera immer schneller weiter raus zoomt und die Geräusche irgendwann aufhören und nur noch absolute Stille zu hören ist?
Ich könnte jetzt natürlich den Titel schreiben (und würde damit spoilern, was gegen meine Prinzipien verstoßen würde) – also sag ich einfach mal nur, dass das einer meiner Lieblingsfilme ist und ich ihn u.a. wegen genau dieser Szene mag: Das zur Ruhe kommen. Die unweigerliche Stille. Das „Zurück in der Zeit, wo es noch nichts gab, das Lärm machen konnte“.
Genau dieses Gefühl löst Im Taxi mit Madeleine bei mir aus. Es ist wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen mit den ruhigen Tönen der Vergangenheit, der spärlichen Plot-Verstrickungen, der ruhigeren Erzählweise, ohne viel Tamtam, ohne Superhelden, ohne CGI und all den gigantischen Quatsch, den man heute wieder und wieder in Filmen zu Gesicht bekommt.
Es ist, als hätte man ein Leben gelebt, würde sich hinsetzen, ein letztes Mal Luft holen und darüber nachsinnieren und feststellen, dass es gut so war.
Es ist das Ende einer Ära – ein wenig Nostalgie, etwas liebevolles, etwas sanftes, angenehmes, ruhiges.
Line Renaud ist in Frankreich eine Legende. Dany Boon ist sogar darüber hinaus bekannt – jedoch nicht für so nachdenkliche Rollen wie dieser hier.
Manche mögen es als Kitsch bezeichnen, als ein naserümpfendes „Naja, wer sowas braucht“ …
Und andere lassen sich darauf ein, fallen selbst ein Stück tiefer in den Sessel und danken für die wunderbare Chance, einfach mal wieder kurz zwischendurch zur Ruhe kommen zu dürfen und dieser wirklich wunderbaren Story beiwohnen zu können.
Ich gehöre zu letzter Gruppe – und wer dazu kommen mag: Hinten gibt’s noch Kuchen und kalte Getränke. Enjoy.
.kinoticket-Empfehlung: Wie ein Timewarp zurück in die Zeit, in der alles noch simpel und ungezwungen war: Eine wunderbar einfach gehaltene Story, die ihre tiefen emotionalen Momente auf ganz klassische Art auslebt und dabei die Chance auf eine Welt gewährt, die noch nicht so überkompliziert ist wie die, in der wir heute hier leben. Ein Moment der Ruhe und Gelassenheit.
Nachspann: 🔘⚪️⚪️ | Nicht gleich raus rennen, erst, wenn der Abspann auf die Blackroll umswitcht, darf der Saal dann verlassen werden.
Kinostart: 13. April 2023
Original Title: Une belle course
Length: 91 Min.
Rated: FSK 12
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