Juni 8, 2023

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Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Irgendwann werden wir uns alles erzählen - Filmplakat
© 2023 Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG

Tja, was soll ich sagen … es spaltet mich irgendwie. Ich hab mir im Vorfeld den Trailer angeschaut und hatte irgendwie so gar keinen Bock auf das Movie, mich dann aber trotzdem in den Zug gesetzt, quer durch Deutschland gefahren und ihn mir im Rahmen der Pressevorführungen angesehen und wurde einerseits mega positiv überrascht, andererseits aber enttäuscht.

Irgendwann werden wir uns alles erzählen ist die Verfilmung vom gleichnamigen Buch, in dem es um (minderjährige) Liebe mit großen Altersdistanzen geht, was im Buch scheinbar etwas krasser ist und für den Film gleich mal in den gesetzlich normativen Rahmen gesetzt wurde.

Sprich: Man traut sich weniger, ist weniger provokativ, dadurch weniger kunstverliebt und macht einfach was, ohne dabei groß anzuecken.

Die Szenen selbst sind im Film auch weniger das Thema, was mich viel mehr gecatcht hat, war das, worum es eigentlich gar nicht ging.

Emily Atef entschied sich dafür, die Story in der DDR spielen zu lassen und hat dabei ein Setting auf die Füße gestellt, das außergewöhnlich ist. Alles – wirklich bis ins letzte Detail – ist so originalgetreu, dass dir als „Ostkind“ sofort auffällt, dass selbst die Marmelade auf dem Toast genau so „zähflüssig fällt“ wie du das aus deiner eigenen Vergangenheit gewohnt warst. Besteck, Geschirr, Deko, Gardinen, Wände, Einrichtung, Teppiche, Autos, Menschen, soziale Einstellung, äußerlich geäußertes Weltbild – man hat diesen Geist so dermaßen perfektionistisch aufleben lassen und erzählt hiermit eher die Geschichte von Hoffnung und Perspektiven in einer längst vergangenen Kultur, ohne diese zu werten oder politisch zu werden.

Die Szenen ziehen sich durch den ganzen Film und überzeugen mit derartiger Authentizität, dass einem flau im Magen wird. Begrüßungszeremoniale, Gesprächsthemen außerhalb von Wohnungen oder am Esstisch … es ist wirklich haargenau so, wie man es selbst kennt. Damit ist der Streifen wohl eher unfreiwilliges Zeugnis des Lebens in der DDR, als hier die Story zum Besten zu geben, die das Buch eigentlich erzählen wollte.

Die maßlos schlechte Kritik am Film ist für mich dadurch verständlich, da diese Erwartungen kaum erfüllt werden – die Echtheit der Kulisse für mich aber shocking, so dass der Film einen völlig anderen Unterhaltungsfaktor hatte und durchaus wusste, wie man die erwartete Langeweile vertreibt.

.kinoticket-Empfehlung: Punktet mit unglaublicher Authentizität, was das Setting und die Umgebung angeht, trifft den Kern des Buches aber kaum und schweift hier viel zu weit ab bzw. traut sich zu wenig – das eine Publikum wird enttäuscht, das andere unwissentlich befriedigt.

Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Braucht man nicht abzuwarten, hier folgt nichts weiter.

Kinostart: 13. April 2023

Original Title: Irgendwann werden wir uns alles erzählen
Length: 133 Min.
Rated: FSK 16

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