
Nun gibt’s wahrscheinlich von allen Arthouse-Freunden aufs Maul bei mir: „Wie kannst du nur so einen Film … in so eine Kategorie …“
Ja – Schande auf mein Haupt – ich sollte noch eine zusätzliche Kategorie einführen: Trash-Movies. Und da wäre der dann definitiv richtig. Nun wisst ihr, wieso ich mich bisher so um die Genre-Kategorisierung gedrückt habe: Man kann’s nur falsch machen.
Mein Anspruch: Wenig. Und überschaubar. Und weil’s kein Blockbuster ist (werden wird?), landet der eben hier. Nischenprodukt allererster Güte, der eine ganz bestimmte Klientel befriedigen möchte: Blumhouse-Zuschauer.
Ja, ich habe zu gegebener Zeit schon die Presse beschwichtigt mit den Worten: „… und Octavia Spencer„. Immerhin kann diese Frau Kino. Und dürfte es kaum nötig haben, in irgendwelche billigen Movie-Absteigen einzuchecken, um ihr Konterfei dort zum Verscherbeln freizugeben.
Sie ziert aber das Titelplakat … und nimmt eine gewaltige Rolle in diesem Film ein, der – überraschenderweise – erstmal sehr lange Zeit im düstren lässt, was hier überhaupt gespielt wird.
Wer es also bis dato geschafft hat, den Trailer zu umschiffen, erlebt hier eine erstmalige Sensation: Blumhouse verrät nicht innerhalb der ersten drei Minuten, wie der Film enden wird.
Und damit hatte man mich am Spieltisch und ich hab mich voller Vergnügen auf das Spektakel eingelassen und meine archivierten Zornestöne gegen dieses „Hasslabel“ ein bisschen weiter gen Schredder wandern lassen.
Und tatsächlich überzeugt MA auf überraschende Art und Weise in vielerlei Hinsicht. Wo sich andere jetzt an Octavia Spencer und einer immensen Hollywoodgröße aufhängen, der man alle positiven Attribute im Kampf um Gleichberechtigung zuschreiben kann, möchte ich den restlichen Cast noch dazu addieren: Mir hat die Auswahl der Schauspieler*innen nämlich über alle Maßen gut gefallen. Das typische „Klischee“-Zusammenwürfeln ist zwar gewissermaßen dennoch vorhanden, fällt hier aber weniger auf, da die Darsteller*innen nahezu perfekt zu ihren Rollen passen und diese dann auch überzeugend rüberbringen.
All dies natürlich unter Beachtung des Niveaus, das vom Plot und der Rahmenhandlung natürlich gravierende Einschränkungen erlebt. Doch innerhalb dieser „Schlachtplatten-Wiese“ fungieren allesamt hervorragend und genau so, wie man sich das in einem Film wie diesem wünscht.
Dazu kommt: Spannung.
Ja, das Gegenteil dessen, was man aus Erzeugnissen dieser Filmschmiede sonst so kennt – zumindest, wenn man ein Vielschauer ist wie ich. Kaum löst sich ein Bestandteil der Hauptpersönlichkeit auf, gewinnt der Film neue Stränge und erzeugt somit neue Fragen, neue Motive, neue Optionen und bastelt somit nicht mehr im Hintergrund mit den Bauklötzchen während das Drehbuch niedergeschrieben wird, sondern fummelt quasi „live“ damit rum und lässt dem Zuschauer die Illusion, gedanklich an der Story mitwirken zu dürfen, während man sich im Suff der umgebenden Belanglosigkeiten ertränkt.
Und auch das kenne ich von Blumhouse so sonst nicht.
Man könnte also meinen, die Jungs (und Mädels) haben langsam begriffen, dass es doch noch andere Türchen in ihrer Festung gibt, die zu betreten man viel zu lange abgewartet hat und die man jetzt endlich zu ergründen beginnt.
Das gewünschte Ziel der Filmkonstruktion ist noch lange nicht erreicht, aber die Richtung und Tendenz stimmt definitiv: Blumhouse setzt Premierenmomente und fährt mit neuen Optionen auf, die Spannung erzeugen und das nervige Vorher-alles-schon-Verraten auf der Leinwand endlich einstellen.
Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Nachsitzen lohnt sich nicht: Alles wurde erzählt, es folgt nichts weiter.
Kinostart: 30. Mai 2019
Original Title: MA
Length: 100 Min.
Rated: FSK 16
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