April 1, 2023

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Monte Verità

Monte Verita - Filmplakat
© 2022 DCM Film Distribution GmbH

Kennt ihr das Gefühl, wenn man als Kind mit der Familie irgendeine Burg besichtigt hat und man dann in diese unendlich hohen Räume mit knarzenden Bodendielen ging und sich kaum vorstellen konnte, dass das das „behagliche Wohnzimmer“ von einem selbst hätte sein sollen?

Wenn dazu dann noch die verwegenen Figuren mit blassem Teint, spitzenbehafteten Kleidern und edelmutig aussehenden Accessoires ihre verstohlenen Blicke austauschen, weil es „ungeziemlich wäre, etwas zu sprechen“, dann beschleicht einen spätestens die Angst, worauf man sich jetzt schon wieder eingelassen hat – immerhin bin ich seit jüngster Zeit so immens schlecht auf derartigen Content zu sprechen, dass einem schon fast übel wird.

Der Hauptdarstellerin ergeht es scheinbar ebenso, denn sie versucht, den damaligen Zeiten zu entfliehen und etwas aus sich zu machen.

Monte Verità als titelgebender Name bezeichnet in diesem Fall nicht nur den Film, sondern in der Realität einen Berg im Kanton Tessin in der Schweiz, auf dem sich die Inhalte abspielen und um dessen sagenumwobene Geschichte es gehen soll.

Hier hab ich so ein wenig meine Schwierigkeiten gehabt. Der Film beendet recht schnell die Angst um noch einen „künstlerisch wertvollen Film“, denn die erstrebenswerten Handlungsbeweggründe der Hauptdarstellerin sind mehr als nur löblich und hatten mich ziemlich schnell geködert.

Desweiteren befasst man sich „nebenbei“ auch noch mit einem Metier, in dem ich auch zu Hause bin und nostalgiert ein wenig Technik und Prinzipien, die einen sehnsüchtig in die Vergangenheit blicken lassen und einmal mehr zum Staunen bringen, wo wir inzwischen fortschrittlich gelandet sind.

Nebenbei … genau das ist das Wort, das mir dabei so ein klein wenig Schwierigkeiten bereitet: Der Film ist gut, macht aber alles, was er tut, irgendwie nur nebenbei. Geht es um den Berg? Nebenbei. Geht es um die Geschichte der Frau? Nebenbei. Geht es um die historische Bedeutung für eine Bewegung, die sich ideelle Ziele gesetzt hat, um die gesellschaftlichen Konventionen zu brechen? Nebenbei. Irgendwie findet man keine wirklich stringente Linie, sondern wabert so ein wenig hin und her und wird dabei abwechselnd immer wieder in nostalgische, naturverliebte und künstlerisch angehauchte Momente verpackt, die einen beständig bei Laune halten, aber eben auch nicht so richtig in Fahrt schubsen.

Dabei sind die Themen (z.B. der Frauenrechte) sehr wohl bis ins heutige Zeitalter präsent und immer noch unausdiskutiert. Gerade in diesem Bereich bringt der Streifen sehr viel Licht ins Dunkel und offenbart, woher all die neo-modernen Bewegungen her rühren und welches geistige Gedankenziel eigentlich dahinter steckt. Solche Dinge bewerte ich wiederum als positiv, hätte mir dabei aber dann etwas mehr „Aggressivität“ in punkto Erzählstil bzw. Richtungsweisung gewünscht, um der Sache etwas mehr Nachdruck zu verleiten und nicht das Gefühl zu kriegen, „das auch noch mit gemacht zu haben“.

Angesichts mangelnder Alternativen würde ich dennoch dazu raten, sich den Streifen anzusehen, obgleich er auf wahren Begebenheiten beruht und dadurch wieder ein Puzzleteil mehr unserer Menschheitsgeschichte auf die Leinwand bringt und dort verewigt.

.kinoticket-Empfehlung: Weiß manchmal nicht so richtig, wo er eigentlich hin will und fordert darum umso mehr eigene Nachdenkenskraft, um das Ziel zu erkennen und die eigentliche Durchschlagskraft der Erzählung zu verinnerlichen. Die hat es nämlich durchaus in sich – und beruht auf wahren Begebenheiten.

Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Man darf den Saal getrost verlassen, hier folgt nichts weiter.

Kinostart: 16. Dezember 2021

Original Title: Monte Verità
Length: 116 Min.
Rated: FSK 12

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