März 21, 2023

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Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse

Phantastische Tierwesen - Dumbledores Geheimnisse - Filmplakat
© 2022 Warner Bros. Ent.

Das Phänomen Harry Potter revolutionierte das Kino. Selbst nach über 20 Jahren sind die Vorstellungen für die Original-Filme binnen wenigen Stunden komplett ausverkauft – und das, obwohl inzwischen jeder diese Filme in irgendeiner Form bereits (mehrfach) gesehen hat.

Warum der Erfolg? Die Magie! Menschen stehen auf Verblüffung, Neues, Unerklärliches. Coming-of-Age – es spielen Kinder mit – und man durfte im Laufe der Jahre mit ihnen erwachsen werden und demnach nochmal eine Kindheit erleben, wenn auch nicht die eigene – bzw. hat man es durch die Kinobesuche und Filmabende einfach zu seiner eigenen gemacht. Was im realen Leben nicht schön war, war es dann zumindest in der Fantasie. Gelungener Coup hierbei: Legt man die alten Titel wieder ein, fühlt man sich in seine „eigene“ Kindheit zurückversetzt und ist gleich mal etwas glücklicher als vorher.

Ein in meinen Augen weiterer, wesentlicher Punkt: Die Dichte an Aktionen pro Minute, die in einem Harry Potter-Film stattfinden. Man ist aus dem Staunen noch nicht raus und wird schon geflutet mit neuen Eindrücken, Handlungstwists und anderen Überraschungen: Die Erzählung ist dadurch extrem kurzweilig, sorgt für Spannung, Abwechslung und man spart nicht mit Zauberei, Tierchen, Szenenbildern und Locations und sorgt so mit einer Vielzahl an Elementen, die auf einer Leinwand hervorragend funktionieren, für immerwährende Kinofreude.

Nach Teil 1 bis 7.2 war die Geschichte fertig, alles erzählt, der Haupt-Teil beendet. Und: Harry Potter viel zu erfolgreich, um damit nun aufzuhören. Immerhin gibt es unfassbar viele, logische und simple Möglichkeiten, hier noch weiter Geld zu machen – und zwar nicht nur mit Fanartikeln und Merchandise, sondern eben auch mit Ablegern und „erweiterten Handlungssträngen“, die das Universum zwar nutzen, aber nicht zwingend weiterführen.

Phantastische Tierwesen zählt zu diesen Erweiterungen, bei denen erstmal nicht klar ist, ob es nun die Vorgeschichte erzählt (was anfangs so gesagt wurde und z.B. auch auf Wikipedia so festgehalten ist) oder eben kein Pre- bzw. Sequel zu irgendwas aus dem Potterverse ist, was ebenfalls gesagt wurde und hier dann zumindest in Pressekreisen schon mal zu Verwirrung führt.

Fakt ist: Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind führte zu einem erneuten Aufflammen des Harry Potter-Hypes und überzeugte auch einen Großteil der Fangemeinde, so dass man an dem Gedanken festhielt, die geplanten fünf Teile wirklich durchzuziehen.

Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen (bei dem das „Phantastische Tierwesen“ im Logo schon weitaus kleiner geworden ist) lag bei seiner Überzeugungskraft dann schon wesentlich weiter unten und gilt gemeinhin als Flop, der längst nicht an den Erfolg der vorherigen Filme aus diesem Universum heranreicht.

Insofern habe auch ich sehr auf den nun kommenden, dritten Teil gewartet: Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse.

Auch hier rückt das „Phantastische Tierwesen“ wieder mehr aufs Abstellgleis und ist nur noch Teil des Titels und nicht mehr wesentlicher Namensbestandteil – das merkt man (leider) auch am Plot. Ich möchte mal so bös sein und behaupten, die Schreib- und Innovationskraft der Ideensprudelei J.K. Rowlings ist in den Harry Potter-Teilen aufgebraucht worden und selbst die Phantastische Tierwesen-Buchreihe hat sie ja nur als „Begleitwerke“ von den ursprünglichen Geschichten geschrieben – insofern darf man also eher von einem Spin-Of reden und weniger von Pre- bzw. Sequels.

Und wie das z.B. auch schon bei The Walking Dead und dem Spin-Of Fear the Walking Dead war: Die Spin-Ofs haben oft wesentlich an Biss, Erzählstärke und vor allem Geschwindigkeit verloren und sind oftmals nur der verzweifelte Versuch, etwas Funktionierendes nicht aufhören lassen zu wollen.

Mit viel Widerwillen könnte man nun behaupten, Phantastische Tierwesen sei eben jenes Spin-Of, was unvermeidlich verhindern möge, dass wegen einer der Harry Potter-Ideen jemals aufhören würde, Geld fließen zu lassen. Das hat man bereits am ersten Teil gespürt, dass die Erzählgeschwindigkeit auf ein Minimum heruntergefahren wurde, man mit Effekten und Zauberei gespart hat – uns gleichzeitig durch die Namensgebung aber versprochen wurde, viel mehr auf andere Elemente dieser Welten einzugehen – nämlich die der Tiere.

Und gerade im Phantastischen gibt es unzählige Möglichkeiten, Tiere zu entdecken, neue einzuführen und uns wiederum nach alter Manier zu verblüffen und in großartiges Erstaunen zu versetzen. Gerade Lieblinge wie Niffler haben die Herzen im Sturm erobert und garantierten einen großartigen Start dieser fünfteiligen Spin-Of-Serie, in die gleichsam genauso viel Kohle und Aufmerksamkeit gepumpt wurde, wie einst in die Ursprungswerke.

Großartige Voraussetzungen also, die im zweiten Teil dann recht schnell auf dem Boden der Tatsachen landeten, als man sich von den Versprechungen ein wenig abkehrte und zudem mit einem Skandal um Johnny Depp auch seinen Hauptakteur verlor, der fortan nicht mehr in der Reihe zu sehen sein wird und durch Mads Mikkelsen ausgetauscht wurde.

Demnach ist für mich der dritte Teil nun entscheidend, in welche Richtung man nun gehen wird und ob man für Teil 4 und 5 noch großartige Erwartungen hegen braucht.

Fangen wir mal mit dem wichtigsten an: Ihr solltet ein Kino aufsuchen. Dumbledores Geheimnisse ist kein Film für den Familienabend vorm TV, auch wenn er später viel und häufig dazu missbraucht werden wird. Aber dort spielt er seine vorhandenen Stärken einfach nicht aus.

Das, was oftmals als Missgrund genannt wird – Geld – ist hier nämlich weiterhin im Übermaß vorhanden und wurde auch eingesetzt, und zwar vor allem in Bereichen, die gerade auf großen Leinwänden gut zur Geltung kommen. „Bühnenbilder“, Schauplätze, großartige Kamerafahrten und eindrucksvolle Bilder und Sequenzen, ganz so, wie wir sie vom Kreativteam aller vorherigen Filme gewohnt sind, trumpfen auch hier wieder unfassbar auf. Wegen dieser Szenen sollte man ins Kino – und sie genau so genießen, wie sie gedacht sind: Überwältigend.

Das, woran der Film in meinen Augen viel mehr struggelt, ist eher der Plot. Rowling ist eine Autorin, die ganz nebenbei einfach mal die Branche gewechselt und zum Drehbuch schreiben übergegangen ist. Das hat eben nicht ganz so hingehauen und der dritte Teil basiert inzwischen nur noch auf einem Drehbuch von ihr … denkt euch selbst, was das bedeutet. Hier vermisst man viel Charakterprofil und -tiefe, die Handlung ist sowieso schon extrem langsam und kommt hier fast schon zum Stillstand (wenn man so will, könnte man im Vergleich einen „kurzen Coup“ aus Harry Potter hier auf knapp 2 ½ Stunden verlängert sehen), da fühlen sich halt viele, die nach Inhalten Ausschau halten, ziemlich gelangweilt.

Das andere: Es gibt viele Logik- und Erzählfehler, die eben nicht so ganz Sinn machen und dadurch wirkt alles etwas unausgegoren und unfertig, zum Teil lieblos – und es fehlen die erfolgsstiftenden Elemente, die wir am Anfang aufgezählt haben:

MAGIE: Es wird viel zu wenig gezaubert – und wenn, dann sehen wir meist Elemente, die wir längst schon kennen und im Zuge der Revealing-Generation auch schon längst verstanden haben. Das mag für Jüngerschaften zwar dennoch „heimische Gefühle“ auslösen, verblüfft aber nicht mehr so immens und ist demnach eher ein Nachhall als eine wirkliche, cineastische Innovation, die einen richtig vom Sessel haut.

Die Minuten, in denen die Zauberei dich wirklich abholt und bombastisch einschlägt, lassen sich tatsächlich an einer Hand abzählen. Und es ist auch nicht wirklich mehr spannend, wenn man zum hundertsten Male sieht, wie jemand „durch eine Wand geht“.

COMING-OF-AGE: Die Kinder sind längst weg und es ist eher der „Themenabend“ zum Film geworden, der die erwachsenere Riege anspricht, zumal auch Jude Law kein wirklicher Kinderheld ist, sondern eher Menschen meines Alters begeistert, die in seinen Hochblüte-Zeiten aufgewachsen sind und daher auch andere Filme von ihm kennen. Die Darsteller sind eben einfach mal da, einzelne Charaktere wurden sogar einfach ausgewechselt, ohne dies filmisch zu erklären (Grindelwald), demnach ist es eben einfach „nur noch ein Film“ und nicht mehr „meine Kindheit“.

AKTIONEN PRO MINUTE: Die Handlung ist sehr langsam geworden, der Spirit des Voranstrebens und Entdeckens ist längst abgeklungen und man settled sich eher am Status Quo, als sich mit Neuigkeiten zu beschäftigen und hier wieder Kinogeschichte zu schreiben. Demnach kann ich die Enttäuschung und den Frust der Presseschaft verstehen, denke aber auch, dass das zielgerichtete Publicity ans eingefleischte Fan-Publikum der Originalfilme ist: Die gehen sowieso da rein und freuen sich darauf, wieder in den „alten Elementen“ zu baden. Und tatsächlich geht einem auch wirklich die Gänsehaut auf, wenn die alten Themes passend wieder eingespielt werden oder man mit Drohnenflügen über Hogwarts kreist und die alten Schauplätze wiedererkennt: Das Nostalgiegefühl zieht einen dann wieder ein wenig höher in aufrechtere Sitzpositionen.

Daher denke ich, dass zu diesem Film die richtige Prämisse beim Kauf des Kinotickets entscheidend sein sollte: Wer hier einen weiteren Harry Potter erwartet, wird maßlos enttäuscht werden, wer mit dem Signum „Spin Of“ und entsprechend niedrigen Erwartungen hier rein spaziert, erlebt dennoch ein Movie, was gewissermaßen zu sich selbst gefunden hat und auf seine eigene, ruhige und „ausgediente“ Weise etwas vorträgt und dabei nicht an Professionalität hinter der Kamera spart: Die technische und kreative Umgebung rund um die Handlungen arbeiten in meinen Augen wieder auf oscarwürdigem Niveau – und dafür sollte man definitiv vor einer großen Leinwand sitzen und eben nicht vorm heimischen TV.

.kinoticket-Empfehlung: Die größte Schwäche liegt im Plot und der Entwicklung der Profile der einzelnen Charaktere. Seine Stärken spielt der Film bei Kamera, Schnitt, Ton- und Musik sowie dem ganzen technischen Drumrum aus: Das „Verweilen in der magischen Welt“ funktioniert also, die Wucht der ursprünglichen Werke verfehlt aber ihre Wirkung. Und leider rücken auch die namensgebenden Tiere ein wenig zu sehr in den Hintergrund.

Nachspann: 🔘⚪️⚪️ | Ist anfangs noch animiert, also rennt nicht gleich raus 🙂

Kinostart: 07. April 2022

Original Title: Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore
Length: 143 Min.
Rated: FSK 12

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