
Und weiter geht‘s mit den Vorbereitungen für die diesjährige Oscar-Verleihung und einem Streamingportal, das überraschend viele Titel in die Nominierungslisten gehievt hat: Netflix. Einer der wohl bekanntesten ist The Power of the Dog, in dem Benedict Cumberbatch einmal mehr beweist, was für ein origineller und talentierter Schauspieler er ist und zu welchen Persönlichkeitstransformationen er im Stande ist.
Das Werk „glänzt“ durch seine beständige Düsternis und brummelnde Bosheit, wohl auch das perfekte Vorbereitungstraining für seine Doppelrolle in dem kommenden Dr. Strange and the Multiverse of Madness.
Wer jetzt hier die fulminante Action sucht oder ein Unterhaltungstempo erwartet, das einen ein wenig mitreißt, wird wohl enttäuscht werden, dafür ist der Film zu gemächlich, langatmig und teilweise echt stockend. Darauf kommt es in meinen Augen aber auch kaum an. Vielmehr sollte man sich ein wenig mit den Stilmitteln auseinandersetzen, die hier eingesetzt werden.
Ganz gleich, was passiert, die Angst ist allgegenwärtig. Und da rede ich jetzt nicht von so banalen Dingen wie „Existenzangst“ oder „Hilfe, ein wildes Tier“, sondern in der niveauvollen charakterlichen Auseinandersetzung mit den einzelnen Figuren entblättert man immer mehr das Innere der Darsteller und bedient sich dabei einer Vielzahl an einfallsreichen Darstellungen von permanentem Schauer, der einem dabei den Rücken runter läuft.
Oscarwürdig ist mit Sicherheit auch die Bühnenkulisse und das Bild als solches: Hier hat man ein authentisches Flair geschaffen, das den Titel „Western“ verdient und sich vollends aus unserer heutigen Welt herausgelöst hat.
Die inzwischen aufgetauchten Vergleiche mit Brokeback Mountain finde ich ein wenig an den Haaren herbeigezogen, nur weil mit Kodi Smit-McPhee ein etwas androgyner Bubi mitspielt und es hier und da ein paar düstere Überraschungen und Plot-Twists gibt, die man so vielleicht nicht erwartet. Vielmehr erzählt man eine ganz eigene Geschichte, die sich auf moderne Art und Weise mit dem Phänomen Männer- und Frauenklischees auseinandersetzt und dabei schauspielerisch auf höchstem Niveau stattfindet.
Für den ein oder anderen mag es ein anstrengendes Unterfangen sein, den Film bis zu seinem Ende durchzuhalten. Hier zielt man wieder schnurgerade auf das Publikum ab, das verschiedene Techniken, Plot-Techniken und Kamera-Fahrten schätzt und sich auf tieferer Ebene mit Kino (oder eben in diesem Fall: Heimkino) auseinandersetzt. Und dass die Oscars für diese Kunstform schon immer etwas übrig hatten, ist heute ja auch nichts neues mehr.
.kinoticket-Empfehlung: Mit 12 Oscars der meist nominierte Titel für die 94th Academy Awards 2022 ist für mich allein ein Grund, den Film zumindest gesehen zu haben. Hier wird weniger das TV-Unterhaltungspublikum angesprochen, sondern sich auf kunstvoll inszenierte Weise mit Klischees und dem Umgang damit auseinandergesetzt. Dabei schmiert man viel Düsternis, permanente Angst und einige spannende Plot-Twists an die Wand und erzählt eine in sich funktionierende Geschichte, die durchaus zum Nachdenken anregt.
Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Braucht man nicht abzuwarten, hier folgt nichts weiter.
Kinostart: 18. November 2021
Original Title: The Power of the Dog
Length: 128 Min.
Rated: FSK 16
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