Juni 8, 2023

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The Sadness

The Sadness - UHD 4K Packshot
© 2022 Capelight Pictures

First things first: Happy New Year. 🎇

Ich hoffe, ihr seid gut ins neue Jahr gestartet und habt genauso viel Elan und Bock drauf, wie ich!

Wir bleiben noch ganz entspannt ein paar Tage im Home Cinema, und nutzen Anfang des Jahres gleich mal für einen Rückblick der „schöneren“ Art.

Ihr wisst ja, dass ich so ein bisschen ’nen Horror-/Splatter-/Grusel-Spleen habe und mir gerne Filme dieser Couleur ansehe. Es muss gut sein, es darf schocken, es darf richtig auf die Kacke gehauen werden – dafür sind Leinwände und nicht das echte Leben da.

Genau das haben viele meiner Generation und der Nachkommenden vergessen, denn die hauen den Leuten lieber im richtigen Leben den Schädel ein, statt sich so einen Mist einfach auf dem Bildschirm reinzuziehen und dann rauszugehen und die Sonne zu genießen.

Ich zähl mich lieber zu Letzteren: Im Kino Gewalt, da draußen dann Liebe und Frieden.

Es ist jetzt nun schon fast ein ganzes Jahr her, da machte ein Film aus Taiwan ziemlich Furore in diesen Kreisen und warb mit Slogans wie „der wohl brutalste Zombiefilm aller Zeiten“ – halt das übliche Bla Bla, was man von Covern zweitklassiger C-Movies aus irgendwelchen unaussprechlichen Landen so kennt. Eben das Zeugs, was es irgendwo verstaubt als DVD oder gar VHS im 1,99 €-Wühltisch zu finden gibt (und man deshalb kaum anrührt, weil der inhaltliche Wert meist dem Euro-Wert entspricht).

Nun haben wir den Grund, warum ich mich damals nicht auf Pressevorführungen oder ins Kino gestürzt habe: Yoah, labert mal wieder alle, nur weil irgendjemand meint, das sei nun jetzt etwas besseres. Ich hasse Hypes.

Zweite Angst: Mir war völlig klar (und zwar im März 2020), dass dieses Thema Lockdown von genau diesem Genre hundertfach aufgearbeitet werden würde. Es werden nun Jahrzehnte vergehen, in denen wir immer wieder mit Parallelen, Hinweisen, Systemkritik, Entscheidungskritik und Co. konfrontiert werden, denn die Filmemacher werden das aufarbeiten und es ist von Beginn an klar, dass es naheliegt, dass der ganze passierte Mist nun tausendfach verwurstelt werden wird und man „die Pandemie nachspielt“.

Auch darauf hatte und hab ich keinen Bock.

Und wenn man nun „irgendwas mit Virus“ hört, dann schrillen meine Alarmglocken und ich bin aus der Nummer raus.

Tja, wie’s so ist, wenn einem langweilig ist und man schaut, was man so streamen kann, wenn man zu Hause sitzt: „Ach komm, mein Gott, dann mach ich das jetzt halt mal. Dann hast du es hinter dir.“

Yoah, der Film ist insofern schon Kategorie Nr. 2 – Covid-Kritik-Verarbeitung, aber eben auf einem völlig anderen Niveau.

Ich verstehe, dass er so in den Himmel gelobt wird, auch wenn ich noch viel B-Movie-Kritik daran habe. Woran das genau liegt, gilt es in den kommenden Jahren zu ergründen, möglicherweise einfach an unserer klischeehaften Übersetzung asiatischer Filme, denn die Stimmen und dadurch möglicherweise verzerrten Charaktere, die uns hierzulande damit vorgesetzt werden, öden mich inzwischen ziemlich an und sind billig.

Ich weiß nicht, ob dieser Usus in Asien normal ist (Wortwahl, Sprechweise und Co.), da ich persönlich noch nie in einem asiatischen Land gewesen bin und daher keine referenzielle Einschätzung dazu geben kann, mein logischer Menschenverstand sagt mir aber, dass komplette Kontinente kaum permanent in Kinder-Sprech reden, sondern auch hier sehr wohl andere Redensarten an den Tag gelegt werden – zumindest vermute ich es, und kreide dem Film daher die „billigen Dialoge“ an.

Kann man machen (sich bei einem Zombie-Film auf Dialoge stürzen), kann man aber auch sein lassen (Toleranz). Also weiter mit dem Rest.

Was der Film ist: Blutig. Übelst blutig. Und pervers. Er entlockt der Spezies Mensch mal wieder sämtlichen Unsinn aus den Tiefen der Hölle und bringt ihn ungeschönt und ohne wegzusehen auf die Leinwand – und das tut manchmal weh. Man hat Schiss, wenn man irgendwo nachts im ICE verkrümelt sitzt und überlegt, ob hinter einem nicht irgendwo ein Kind sitzt, was in der Spiegelung des Fensters ein paar Szenen mitkriegt, dann anfängt zu weinen und man im Anschluss von der Mutter verklagt wird, weil man fremden Menschen „so etwas vorsetzt“.

Ganz ehrlich: Hier wird auf die Kacke gehauen. Und zwar gewaltig. Ich find’s aber durchaus nachvollziehbar und von der Story gut erklärt und auch gut introduced. Und darum hat’s mir Spaß gemacht.

Dass dann wieder die „übliche Horrorfilm-Dummheit“ als zeitschindendes Stilmittel ins Spiel gebracht wird könnte man mit „noch nicht genügend Erfahrung auf dem Weltmarkt“ gegenargumentieren. Ich find’s unerquicklich, wenn man den Protagonisten selbst den Schädel einschlagen möchte und würde es mehr feiern, wenn man derartige Dilemma einfach mit Intelligenz löst statt mit „Naja, sonst funktioniert der Film ja nicht richtig“.

Das alles wird mit teilweise unzumutbarer Gewalt zwar „entertainend“ wiedergutgemacht, fühlt sich dabei aber dennoch ein wenig wie ein Kompromiss an … noch etwas, das ich nicht leiden kann: Kompromisse.

Was ich diesmal ziemlich geil fande und mir noch viel mehr ausgearbeitet gewünscht hätte: Das Framing. Hier sind soooooo viele andere Filme meistens am allerdümmsten und verkaufen einen für blöd, und bei The Sadness hatte ich das Gefühl: Mensch, hättet ihr dafür doch noch ein paar mehr Filmminuten drauf gehen lassen und wärt etwas mehr in die Tiefe gegangen, das hätte euch keiner übel genommen. Und ich glaube sogar, dass das mit einer der Gründe für den wahnsinnigen Erfolg der Story ist – denn man geht wirklich mit einem sau guten Gefühl wieder raus und denkt sich „What the …“ – halt im positiven Sinne.

Dadurch wird der Streifen im Vergleich tatsächlich wieder extrem sehenswert (FSK 18 meine Freunde – haltet euch dran!) und man hat im inzwischen extrem enttäuschenden Genrepool endlich mal wieder einen blutigen neuen Stern am Himmel.

.kinoticket-Empfehlung: Die Werbeaussagen sind wahr: Es ist einer der brutalsten Filme aller Zeiten. Hat zwar seine Schwächen, andere Filme machen ihm in punkto Gewalt aber kaum etwas vor. Ein Genuss für Genre-Fans.

Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Braucht man nicht abzuwarten, hier folgt dann nichts weiter.

Kinostart: 03. Februar 2022
Heim-Kinostart: 14. Mai 2022 (Media Book & Steel Book) | 27. Mai 2022 (Blu-ray & DVD) | 07. April 2022 (VoD: Prime Video, iTunes, Sky Ticket)

Original Title: The Sadness
Length: 100 Min.
Rated: FSK 18

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