
Céline Sciamma – jüngst in meiner Schreckensmeldung von Petite Maman als großer Name geführt, wo ich mich noch darüber gewundert habe, dass man nicht auch in eloquentem Schwarz-Weiß gedreht hat … und es hat keine zwei Wochen gedauert, bis ich in einem Film saß, der schwarz weiß gedreht wurde und bei dem sie das Drehbuch verfasst hat.
Oh man, was für ein Trauerspiel – wir leben im 21. Jahrhundert, sind umgeben von farbensprühenden Filmen aus dem Hause Marvel und Co., haben Kinos, die sich gezwungenermaßen gerade dem tagesaktuellen technischen Standard unterwerfen und werden von Content Creatorn übers Ohr gehauen, die nur schwarz-weißen Bullshit raushauen. Als wäre filmisch nun tatsächlich die Pest ausgebrochen … und dann noch bei einem Film, der Wo in Paris die Sonne aufgeht heißt.
Sonnenstrahlen. Summerfeelings. Farbenfreude. Pracht. Das blühende Leben.
In
Fucking
Schwarz
Weiß
!!
Womit haben wir das verdient?
Zugutehalten kann man dem Werk, dass es hier inhaltlich zum Teil tatsächlich sinnstiftend ist, denn der Film lebt von pornografischen Szenen, die man durch schwarz-weiße „Colorierung“ etwas ins Künstlerische hebt und von der Fülle an echtem Porno-Content abhebt und gewissermaßen auch die Darsteller und Schauspielerinnen schützt, die sonst in Zeiten von „Ich cutte eben mal schnell nen Clip für Social Media auf meinem Smartphone“ ganz schnell in Gefilden landen, wo sie definitiv nicht hingehören. Wären da nicht die Szenen, die definitiv pornös sind und erstaunlicherweise dann doch farblich hervorstechen…
Dann kommt aber ganz schnell wieder das erhabene Übermächtige geistiger Natur zum Vorschein, das uns erklären will, wie die „reale Welt“ tatsächlich ist. Mag sein, dass hier wild durch die Ecke gevögelt wird und man sich über derartige Verhaltensweisen zu definieren vermag, aber ein Allwissenheitsmittel ist das in meinen Augen dadurch nicht automatisch.
Angesprochen wird nun eben wieder genau die Klientel, die uns seit der Pandemie die Kinosäle geklaut und mit ihren Inhalten geflutet hat: Wo immer sich diese Menschen früher rumgetrieben haben, sie sitzen nun im Kino und feiern sich selbst frenetisch ab.
Ein Indiz dafür sind die unzähligen Nominierungen und Auszeichnungen, die dieses Werk inzwischen verbuchen darf und in seinen Kreisen hinreichend bekniet und angebetet wird. Daran sieht man, dass sich die Kinogemeinde immer mehr spaltet und auch hier die Schere zwischen „Unterhaltung“ und „Bullshit-Anspruch“ immer weiter auseinandergeht.
Nun müsste man selbst einer der Elitären sein, die diese Form des Weltverständnisses dann auch inne hätten und damit verstünden, welch geistige Gemach sie umhüllt und vollständig ausfüllt.
Oder wir lassen das Labergesprech einfach und einigen uns darauf, dass einige selbst einfach mal wieder gehörig durchgevögelt gehören, damit sie diese Fantasien nicht zwingend auf einer Leinwand ausleben müssen, sondern Freiräume geben, damit auch andere Genres zeitgleich bedient werden können und die sowieso inzwischen karge Ausbeute an Leinwänden nicht unnötigerweise mit Mist wie diesem blockiert wird.
Uh, was spüre ich schon, wie mir der pure Hass entgegenschlagen wird, weil ich dieses ach so tolle poetische Stück herzvoller Liebe und Hingabe an französische Kunst und Kultur hier durch den Dreck ziehe … und wisst ihr was?
Ich schnapp mir einfach meine cineastische Würde und sage: Gott sei Dank leben wir in einem freien Land, in dem eigene Meinung mitsamt -äußerung noch auf dem Tableau der demokratischen Errungenschaften stehen – und von denen ich in diesem Zuge einfach Gebrauch mache.
.kinoticket-Empfehlung: Der Film hat mich bereits verloren, als ich binnen drei Sekunden gemerkt habe: Er ist schwarz-weiß. Die moderne Nouvelle Vague? Mag sein – mich catcht es überhaupt nicht und ich finde dieses Werk überflüssig und unnötig – allemal zum geruhsamen Nächtigen in einem Kinosaal brauchbar, da keine großartig störenden Szenen kommen, die die heilige seelige Ruh‘ unterbrechen könnten.
Nachspann: ⚪️⚪️⚪️ | Hält keine weiteren Überraschungen parat, man darf den Saal getrost wieder verlassen.
Kinostart: 07. April 2022
Original Title: Les Olympiades
Length: 106 Min.
Rated: FSK 16
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